Aus dem Gemeinderat...

Verwaltungsgemeinschaft, Ablehnung des Fahrradverleihsystem FRELO und Doppel-Mittelzentrum ...

Verwaltungsgemeinschaft

Die Stadt Neuenburg am Rhein wird vorerst der noch zu gründenden „Vereinbarten Verwaltungsgemeinschaft“ mit Müllheim im Markgräflerland nicht beitreten. Das beschloss der Neuenburger Gemeinderat in seiner jüngsten Sitzung.
 
Die Nachbarstadt steht an der Schwelle zur Großen Kreisstadt, nachdem die Einwohnerzahl von 20.000 in den nächsten Jahren überschritten wird. Bisher war Müllheim i.M. teil des Gemeindeverwaltungsverbandes Müllheim-Badenweiler und unterhält zusammen mit den Nachbargemeinden Auggen, Badenweiler, Buggingen und Sulzburg seit 50 Jahren den gemeinsamen Verband, der für verschiedene Bereiche die Funktionen einer unteren Verwaltungsbehörde übernommen hat. Mit der Aufstufung zur Großen Kreisstadt wird Müllheim diese Aufgaben selbst übernehmen müssen und kann in Form einer Vereinbarten Verwaltungsgemeinschaft diese Aufgaben der unteren Verwaltungsbehörde anderen Nachbargemeinden anbieten. Davon verspricht man sich beispielsweise im Bereich Baurechtsbehörde mehr Bürgernähe.

Nach der Rechtsauffassung des Landesinnenministeriums ist die Beibehaltung des Gemeindeverwaltungsverbandes in der heutigen Form nach der Erklärung von Müllheim i. M. zur Großen Kreisstadt nicht mehr möglich und muss im Zuge der interkommunalen Zusammenarbeit durch eine sogenannte Vereinbarte Verwaltungsgemeinschaft ersetzt werden. Grundsätzliches Interesse hat auch die Stadt Neuenburg am Rhein. Deshalb wurde bereits im Vorfeld der jüngsten Gemeinderatssitzung mehrmals darüber beraten und die Vor-und Nachteile abgewogen.

Für einen Beitritt spricht grundsätzlich die Verfügbarkeit von Leistungen der Unteren Verwaltungsbehörden wie die Baurechtsbehörde und die Ausländerbehörde, die mit Sitz in Müllheim deutlich näher an die Bürer rücken würde. Möglicherweise würde sich auch eine effizientere Aufgabenerfüllung für alle beteiligten Gemeinden ergeben, wenn diese zentralisiert über die VVG wahrgenommen werden. Ein weiterer Vorteil könnte eine VVG zur Lösung des Fachkräftemangels beitragen. Als Nachteile werteten Stadtverwaltung und Gemeinderat den Regelungsbedarf zur Finanzierung der Aufgaben der VVG. Das betrifft besonders die Situation, in denen der Aufgabenzuschnitt für einzelne Gemeinden geändert wird und dies zu Unstimmigkeiten führen könnte. Die Neuenburger Entscheidungsträger rechnen mit einer erheblichen Einschränkung der Planungshoheit durch die Aufgabe der freien und selbstverantwortlichen Entscheidung über die Flächennutzungsplanung. Ferner sieht sie eine Schwächung der Unteren Verwaltungsbehörden beim Landratsamt durch die Verlagerung von Pflichtaufgaben zur künftigen VVG.

Um die Möglichkeiten zu erörtern trafen sich Bürgermeister, deren Stellvertreter, die Fraktionssprecher der beiden Gemeinderäte wie auch die Mitarbeiter der Führungsebenen zum Informationsaustausch. In der Beratungsvorlage des Gemeinderates wurde unterstrichen, dass alle Teilnehmenden den guten gemeinsamen und informativen Austausch begrüßt hätten. Deshalb sei zur Intensivierung und Vertiefung der interkommunalen Zusammenarbeit eine Verstetigung eines solchen Treffens wünschenswert.
In einer nichtöffentlichen Sitzung des Gemeinderates hat sich das Gremium über die Ergebnisse dieses Treffens ausgetauscht und nochmals unterstrichen, die interkommunale Zusammenarbeit zu intensivieren. Diese Zusammenarbeit sei nach Überzeugung des Gremiums in vielfältiger Form denkbar und wünschenswert. Sie bedürfe nicht zwingend eines Beitritts zu dem noch zu gründenden VVG. Als einen Einstieg zu dieser Kooperation wäre aus Sicht der Entscheidungsträger die Antragstellung auf das gemeinsame Doppel-Mittelzentrum. Auf dieser Basis lasse sich die interkommunale Zusammenarbeit sukzessive ausbauen, ein späterer Beitritt der Stadt Neuenburg am Rhein zu einer Vereinbarten Verwaltungsgemeinschaft wäre gegebenenfalls zu einem späteren Zeitpunkt möglich, heißt es in der Beratungsvorlage. Der Gemeinderat stimmte der Vorgehensweise einstimmig zu.

Fahrradverleihsystem FRELO abgelehnt 

Das Fahrradverleihsystem FRELO wird in Neuenburg am Rhein nicht kommen. Bei der Abstimmung des Gemeinderates entstand eine Patt-Situation, der entsprechend der Gemeindeordnung zur Ablehnung eines Beschlussvorschlages führt.
 
Die Idee war, mit Leihfahrrädern an verschiedenen Stationen innerhalb der Stadt einen weiteren Beitrag zur alternativen Mobilität zu leisten und damit eine Verbesserung der Anbindung an den Öffentlichen Personennahverkehr zu ermöglichen. Den Projekterfolg sah die Verwaltung in einer großen und flächendeckenden Teilnahme der Nachbargemeinden. Das allerdings war im Vorfeld in den Ratsgremien benachbarter Gemeinden gescheitert.
Das FRELO-Leihsystem nützt auf der Kurzstrecke etwa um von Bahnhöfen und Bushaltestellen weiterzukommen. Es kann auch Ortsteile und Wohnquartiere, die schlecht an den ÖPNV angebunden sind, mit der Innenstadt verbinden. Darüber hinaus könnte das Fahrradverleihsystem auch Alternative für private Autos besonders auf kurzen Strecken sein. Noch im vergangenen Jahr zeigte die Stadt grundsätzliches Interesse, eine verbindliche Zusage, dem FRELO-System für eine Vertragszeit von fünf Jahren beizutreten, hätte nun in der jüngsten Sitzung gefällt werden müssen.
Für einige Gemeinderäte scheiterte das Projekt an den nicht zu unterschätzenden Kosten, andere sahen in einer Einführung einen wichtigen Beitrag zur klimaschonenden Fortbewegung. Immerhin wären bei der Einführung einmalige Investitionskosten von 10.000 Euro beim Einsatz von Wechselakkus, wie die Verwaltung vorgeschlagen hatte, angefallen, die jährlichen Betriebskosten wurden auf 22.500 Euro geschätzt, sofern drei Stationen mit insgesamt sechs Pedelecs und neun Stadträdern bei einer Laufzeit von fünf Jahren bestellt worden wären. Die Stationen waren beim Bahnhof, im Gewerbegebiet an der Freudenbergstraße und im Wohngebiet Rohrkopf vorgesehen. In der anschließenden Debatte des Gemeinderates wurden die Argumente ausgetauscht, bei der Abstimmung waren zehn Ratsmitglieder für die Einführung, zehn sprachen sich dagegen aus und drei Ratsmitglieder enthielten sich ihrer Stimme. Damit war das Projekt durch die Patt-Situation gescheitert.

Doppel-Mittelzentrum

Im Zuge der Fortschreibung des Landesentwicklungsplans wollen die Stadt Müllheim und Neuenburg einen Antrag auf Aufstufung zum Doppel-Mittelzentrum Müllheim im Markgräflerland-Neuenburg am Rhein stellen. Der Gemeinderat befürwortet den Antrag einstimmig in seiner jüngsten Sitzung.
 
Bereits im Dezember 2022 beschäftigte sich der Neuenburger Gemeinderat mit diesem Thema. Grund dafür war, dass im Rahmen der Fortschreibung des Landesentwicklungsplans das Gutachten der LBBW Immobilien Kommunalentwicklung GmbH die Einstufung als Doppel-Mittelzentrum empfohlen hatte.
Mittlerweile hat die Landesregierung die Weichen für einen neuen Landesentwicklungsplan, der seit 2002 unverändert Bestand hatte, gestellt. Mit der Fortschreibung sollen die neuen Rahmenbedingungen angepasst werden. Für das Land stellt sich der neue Landesentwicklungsplan als ein Mammutprojekt dar, für das Haushaltsmittel in Höhe von 15 Millionen Euro für die Jahre 2021 bis 2027 eingestellt wurden.

Von einem gemeinsamen Doppel-Mittelzentrum versprechen sich beide Städte eine bessere Ausstattung der Kommunen, eine stärkere Position im Vergleich zu anderen Mittelzentren, eine größere Zentralität, funktionale Verflechtungen, eine deutlich größere Entwicklungsdynamik und mehr Entwicklungspotenziale. Die gemeinsame Ausstattung mit öffentlichen und privaten Einrichtungen wird als überdurchschnittlich gesehen und wirken aufgrund der Grenzlage beider Städte über die Landesgrenze hinaus. Das zeigt die hohe Nachfrage der elsässischen Nachbarn bei den Einzelhandelsangeboten, bei privaten Dienstleistungen und bei kulturellen Einrichtungen.

Im Vergleich zu anderen Mittelzentren versprechen sich beide Städte raumplanerische Vorteile. Das bestätigt sich auch durch Erfahrungen anderer Doppel-Mittelzentren in Baden-Württemberg. Die Entwicklungsdynamik könne sich ganz unterschiedlich auswirken. In manchen Mittelzentren stieg die Einwohnerzahl, in anderen waren Beschäftigtenzuwächse zu verzeichnen. Von einer entsprechenden Aufstufung könne man von den Funktionen eines Mittelzentrums etwa bei der Ansiedlungsentscheidung von öffentlichen Institutionen oder Unternehmen profitieren. Doppelmittelzentren weisen oft eine Aufgabenteilung auf, die sich gut ergänzen. In der Vorlage der Stadtverwaltung wurden weitere Vorzüge durch die künftige Zentralität für beide Kommunen im Bereich der Wirtschaft und der Gesundheitsversorgung dargestellt. Eine Rolle spielt der große Verflechtungsbereich mit zahlreichen Gemeinden in der Region, von dem beide Städte wieder profitieren können.

Eine solche Stärkung der interkommunalen Zusammenarbeit dient laut Verwaltung einer abgestimmten Steuerung der räumlichen Entwicklung, der Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und dem Erhalt und dem Ausbau der öffentlichen Infrastruktur. Das Gutachten der LBBW Immobilien Kommunalentwicklung GmbH spricht auch von erheblichen Entwicklungspotenziale beispielsweise im Wohnungsbau und bei der gewerblichen Entwicklung, beispielsweise die Ansiedlung von Unternehmen.
Mit dem einstimmigen Beschluss des Gemeinderates wird nicht nur die Aufstufung zum Doppel-Mittelzentrum beantragt, sondern auch die Ausweisung der regionalen Entwicklungsachse zur Landesentwicklungsachse Freiburg-Müllheim im Markgräflerland-Neuenburg am Rhein.