Ein historisches Gelübde
Stadt Neuenburg am Rhein stiftet anlässlich ihres 850-jährigen Jubiläums diesjährige Fridolinskerze
Im Jahr 1627 schlossen Bürgermeister und Rat von Neuenburg am Rhein eine Art „Hochwasserversicherung“ ab: „zue abwenthung des Rhein=Fluss“ – also zur Abwendung von Rheinhochwasser – erhoben die Stadtväter den heiligen Fridolin zu ihrem Stadtpatron und gelobten, ihm zu seinem Festtag am 6. März jedes Jahr eine 10 Pfund schwere Kerze zu stiften und diese nach Bad Säckingen zu bringen, wo der Heilige im 6. Jahrhundert ein Kloster errichtet hatte und wo seine Gebeine aufbewahrt werden.
Zu diesem Zeitpunkt hatte Neuenburg am Rhein bereits eine lange Reihe hochwasserbedingter Katastrophen hinter sich, die im 15. und frühen 16. Jahrhundert zum Verlust von rund einem Drittel des westlichen Stadtgebiets geführt hatten. Zwar lag der größte Teil des mittelalterlichen Neuenburg am Rhein auf einem Kiesplateau einige Meter oberhalb der Rheinebene. Allerdings wurde dieses durch häufiges Hochwasser des damals noch wesentlich näher am Stadtzentrum liegendes Flusses immer stärker ausgehöhlt, so dass nach und nach immer wieder Teile des Untergrunds wegbrachen. Bis 1525 hatte Neuenburg am Rhein auf diese Weise neben etlichen Wohn- und Wirtschaftsgebäuden auch sein Rathaus, die Schule und sein mittelalterliches Münster verloren.
Doch auch ein Jahrhundert später stellten Hochwasserereignisse noch immer eine ernste Bedrohung dar, wie die Erhebung Fridolins zum Stadtpatron zeigt. Warum die Neuenburger Stadtväter ausgerechnet diesem Heiligen die Lösung des Hochwasserproblems zutrauten, erklärt sich mit dem Blick in seine Vita: Als Fridolin bei der Gründung des Klosters Säckingen auf den Widerstand der einheimischen Bevölkerung stieß, soll er den Rhein der Legende nach so umgeleitet haben, dass der Ort auf einer Insel lag und er unbehelligt sein Kloster bauen konnte. Mit der Bändigung des Rheins hatte Fridolin aus Sicht der Zeitgenossen also Erfahrung.
Im Laufe der Jahrhunderte geriet der Brauch der Kerzenstiftung allerdings in Vergessenheit. Erst 1994 wurde er von dem damaligen Stadthistoriker Winfried Studer wiederentdeckt. Seither hat Studer in jedem Jahr Kerzenstifter aus dem Kreis der Neuenburger Bürgerschaft gewinnen können.
In diesem Jahr hat die Stadt Neuenburg am Rhein anlässlich ihres Stadtjubiläums die Erfüllung des fast 400 Jahre alten historischen Gelübdes selbst übernommen. Am 7. März brachte Bürgermeister Jens Fondy-Langela die von der Stadt Neuenburg am Rhein gestiftete diesjährige Fridolinskerze persönlich nach Bad Säckingen. „Dass unsere Stadtgemeinschaft in ihrer 850-jährigen Stadtgeschichte alle Zerstörungen durch Hochwasser und Kriege mit Kraft, Mut und Beharrlichkeit bewältigt hat und nach wie vor zusammensteht, lässt uns als Stadt nicht nur optimistisch in die Zukunft, sondern auch voller Dankbarkeit in die Vergangenheit blicken“, betonte Fondy-Langela anlässlich der Übergabe. Unter der Leitung von Münsterdekan Pfarrer Peter Berg feierte er in Bad Säckingen eine Andacht, bei der die Fridolinskerze gesegnet und am Schrein des Heiligen aufgestellt wurde, wo sie für den Rest des Jahres brennen wird.
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